Im hinZundkunZ, dem ehemaligen Uhrmacherladen am Rand von Leipzig-Leutzsch geht noch was. Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus, nach ihrem Konzert in Dresden absolvieren die Roaring 420s die zweite quasi "Generalprobe" für ihre bevorstehende Europatournee im prall gefüllten hinZundkunZ. Bevor sie loslegen, bringen Torpedo Dnipropetrovsk ihre neuesten Werke zu Gehör. Die mit zwei Gitarren, Bass und Drums besetzte Band lässt von Beginn an Reminiszenzen an die walisische Band Lovesculpture aufkommen, die Ende der 1960er Jahre eine kurzlebige Existenz als am Bluesrock orientierte Band fristete, die größte Aufmerksamkeit aber mit einer ungefähr zehnminütigen Adaption von Aram Chatschaturjans "Säbeltanz" ("Sabre Dance") für
Furore sorgten. Nach zwei Alben löste sich Love Sculpture auf, Gitarrist Dave Edmunds gründete Rockpile und wurde zu einer der wichtigsten Figuren der Rockabilly-Szene. Torpedo Dnipropetrovsk bevorzugen genau jenen Zwei-Gitarren-Sound, als besonderen Gag bringen sie diverse slawophile Einflüsse in ihre Musik ein, unternehmen aber auch Abstecher in den Wilden Westen.
Band und Publikum haben sehr viel Spaß am Gig. Man kann gespannt auf die weitere Entwicklung der Musiker sein, ob sich das heutige Konzept bis in alle Ewigkeiten weiter trägt, bleibt abzuwarten. Die Roaring 420s aus Dresden liegen stilistisch auf einer ganz anderen Ebene, sie haben sich einer interessanten Mischung aus Garagenpunk der 1960er, Psychedelia und kalifornischem Surfin´-Sound verschrieben. Zum aus Gitarre, Bass, Drums und Orgel gehörenden Instrumentarium kommt noch der gelegentliche Einsatz einer Sitar, die von den Byrds in die Rockmusik eingeführt wurde. Nach zwei bis drei Stücken sind sie auf Betriebstemperatur und strahlen ihre Hitze auf den Raum und seine Insassen aus.
In Deutschland gibt eine nicht sehr große, aber treue Fangemeinde, die auf diese Art von Retro Rock abfährt. Dieses Subgenre hat in den letzten Jahren eine Reihe interessanter Bands hervorgebracht, die sehr unterschiedlichen Facetten einbringen. Die Roaring 420s gehören dazu und sie haben sich einen eigenen Stil erarbeitet, der aufhorchen lässt. Am gelungensten sind die Songs, wo die Orgel mit einem zuweilen herrlich dreckigen Sound die Akzente setzt. Diese war auch ein gern benutztes Instrument im amerikanischen 60er Garagenpunk.
Zum Repertoire gehören neben Eigenkompositionen auch Cover wie das soulige, viel interpretierte "Turn On Your Lovelight" von Bobby Bland und das für die frühen Pretty Things charakteristische, erdige und provokante "L.S.D." Aus allen Elementen rühren die Roaring 420s einen bekömmlichen Mix zusammen, der um einen Erfolg ihrer ersten großen Tour nicht bangen lässt.
Die Setlist: Sitarrr; Hot Way; Saturday Night, Blow; I´ve Had Enough; L.S.D.; Bury My Burden; Tombstoned, What Ever Palace; Blue Jay; Orgel 1; Yes, I Am; Turn On Your Lovelight; Tourist, Hey Hey Rider; Starshine Blues
Text und Fotos Dieter Lange für radio-mensch