Marohn, Norbert "Wie nie zuvor"

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1989 schieben sich die Zeiten ineinander - vorübergehend. Vom Winter, in dem noch keiner an das Ende des Sozialismus dachte, bis zum beginnenden Zusammenbruch im Oktober-November: WIE NIE ZUVOR beschränkt sich nicht auf den Demonstrationsherbst in Leipzig. Erzählt wird vom ganzen Jahr 1989, vom "ganz normalen" Leben: Es reicht vom volkseigenen Betrieb bis zum Alltag der "Parteiarbeit", bis hin zur Liebe unter Männern. Wie schlagen "unsere Menschen" sich durch, nicht zuletzt Jugendliche und "Asoziale"? Abgeschottetes Denken bricht auf, abgezirkelte Lebenskreise nähern sich an - die Zeit ist auf der Straße. Ein Jahrhundert marschiert. Ich bin viele, gelegentlich alle, so der
Autor Norbert Marohn.

Wie nie zuvor erschienen 2013 im Lychatz Verlag
ISBN 978-3-942929-25-7

Lochner, Reinhard "Die ewige Helena"

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Mytho - Logische Miniaturen von Dr. Reinhard Lochner. Wenn der elende Felsbroken doch endlich auf dem Berg liegenbliebe!, rief Sisyphos und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Aber die Götter, die ihn als Strafe für seine Verschlagenheit zu dieser Tortur verurteilt hatten, ließen sich nicht in ihrer Ruhe stören, und so mußte er den Felsbroken zum hundertsten und tausendsten Mal hinaufwälzen. Armer Kerl! Wenn er heute leben würde, bekäme er als Strafe für seine Verschlagenheit ein politisches Mandat und könnte von der Spitze des Berges herab in aller Ruhe das wimmeldne Volk beim Steine wälzen beobachten, ohne auch nur
einen Schweißtropfen zu vergießen.

Die ewige Helena erschienen im Lychatz Verlag
ISBN: 978-3-942929-18-9

Bove, Emmanuel "Schuld"

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Der kleine Roman "Schuld" ist ein ungewöhnliches Kleinod aus dem Werk des großen französischen Romanciers Emmanuel Bove, in dem dessen zentrales Thema von Schuld und Sühne en miniature ausgeleuchtet wird. Mit dem hungernden jungen Helden Pierre Changarnier hat Emmanuel Bove eine Figur geschaffen, von der ein ähnliches Geheimnis ausgeht wie von Melvilles Schreiber Bartleby, wobei in diesem kleinen Roman mit Bezügen zu Dostojewski explizit das Thema der Schuld variiert wird: Pierre Changarnier ist arm, hat Fieber und will trotz allem mit seiner Freundin Violette im winterlich nächtlichen Paris das Glück finden - aber der Abend wird zu einem seltsamen Erlebnis:
Das Paar hört die Bekenntnisse eines Mörders, der nie bestraft wurde, Changarnier phantasiert sich in eigene Schuldvorstellungen hinein und landet schließlich als Verdächtigter auf dem Kommissariat. Ein Raubmord ist aufzuklären, und auf Changarnier und Violette passen die Beschreibungen...

Die Werke Emmanuel Boves (1898 - 1945) wurde Anfang der 80er Jahre in Frankreich wiederentdeckt und gehören dort seitdem zum literarischen Kanon des Landes. Nach Deutschland wurde der Ruhm Boves zunächst durch erste Übersetzungen Peter Handkes vermittelt, danach setzte eine breite Rezeption auch in Deutschland ein, die bis heute anhält. Zu den bedeutenden deutschen Bove-Kennern gehört Thomas Laux, der bereits sechs Romane und einen Erzählungsband von Bove sowie die Bove-Biographie von Cousse und Bitton übersetzt hat und nun auch "Schuld" ( Original: "Un Raskolnikoff") für den Lilienfeld Verlag ins Deutsche brachte.

Für diesen 7. Band der besonders ausgestatteten Reihe "Lilienfeldiana" wurde für die Einbandgestaltung ein Gemälde von Robert Klümpen u. a. Villa-Romana-Stipendiat 2005 verwendet.

Schuld erschienen im Lilienfeld Verlag

Christel Hartinger "...diese Stunde gehört den Autoren"

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Am 3. Oktober 1989 eröffnete der Senior der serbischen Literatur, der Dichter Jurij Brezan, die Leipziger Poetik-Vorlesungen. Das war ein Dienstag - die Wochentage spielten in jener Zeit in Leipzig eine besondere Rolle. Am 10. Oktober folgte ihm der Schriftsteller Joachim Nowotny aufs Katheder. Dazwischen lagen nur wenige Tage - was aber für Tage! Was war da alles geschehen auf dem Karl-Marx-Platz und auf den Straßen, in der Nikolaikirche, nur wenige Meter entfernt von den Universitäts-Hörsälen. Geschehen war das, was die damals Dabeigewesenen in ihrer Erinnerung als die Montagsdemonstrationen bewahren. Die Demonstrationen leiteten die Auflösung der DDR ein, und all
das kulminierte gerade an jenen Tagen: Auf dem 7. Oktober, Sonnabend, lag der 40. Jahrestag der DDR, am Montag, dem 9. Oktober, kam es in Leipzig zur großen Konfrontation der Massenproteste und der massiv bereitstehenden staatlich-militärischen Kräfte, die dann doch nicht in blutige Gewalt endete.

Die gespannte Erwartung der jeweils lesenden Schriftstellerinnen und Schriftsteller verdichtete sich ungewöhnlich stark: Was würde gesagt werden, jetzt, heute, hier? Will man jene Spannung, die besondere Aufnahme und Wirkung ihrer Ausführungen ermessen, dann sind sie in den Leipziger Ereignis-Kontext zu stellen. Von Woche zu Woche - und auch das war Ausdruck wie Folge dieser Dimension, in die die Vorträge zwangsläufig durch die politischen Realitäten gerieten - mussten größere Zuhörerräume gewählt werden und die Vorlesungen schließlich in Nachbar-Auditorien übertragen werden.

Die nunmehr erstmals gesammelt im Druck vorliegenden Vorlesungen sind erregende Dokumente einer stürmischen Zeit, deren Dynamik heute schon zusehends eingeebnet wird durch das Wissen um das Geschehen "danach". Wer noch einmal die ganze Spannung jenes Herbstes 1989 einschließlich der damals diskutierten Wege aus einer tiefen Krise nachvollziehen will, dem sei dieser Band nachdrücklich empfohlen. Die aktuellen Diagnosen zur damaligen Politik verknüpfen sich mit Analysen zur Literatur eines Landes, an dessen Fortbestand sehr wohl noch gedacht worden ist. Insoweit verbindet diese erstrangige Dokumentation Zeit- und Literaturgeschichte in einer einzigartigen Dichte, und den Leser erwartet ein spannendes Abenteuer.

Mit Beiträgen von Jurij Brezan, Joachim Nowotny, Erich Köhler, Christoph Hein, Helga Königsdorf, Christa Wolf, Jurij Koch, Rainer Kirsch, Volker Braun und Bernd Jentzsch.

...diese Stunde gehört den Autoren - Leipziger Poetik-Vorlesungen im Herbst 89
Roland Opitz (Hg.) erschienen im Leipziger Universitätsverlag
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