Das Album "The Death Defying Unicorn" sorgt seit seinem Erscheinen Anfang 2012 für einen regen Meinungsaustausch unter Musikliebhabern. Es entstand aus der Zusammenarbeit der norwegischen Heavy Psych Band Motorpsycho mit dem Jazzkeyboarder Stale Storlokken, dem Trondheim Jazz Orchestra, den Trondheim Solistene und dem Geiger Ola Kvernberg, Weitestgehender Konsens herrscht darüber, dass der Versuch, sich der Musik über das Anhören einzelner Titel anzunähern, zum Scheitern verurteilt ist. Dieses Werk erschließt sich nur, wenn man sich der Mühe (vielleicht wäre Lust der bessere Ausdruck) unterzieht, die knapp eineinhalb Stunden Musik im Stück zu inhalieren und das möglichst mehrmals. Das Ganze ist ein
Konglomerat aus Prog a la King Crimson, Yes und Van Der Graaf Generator, Jazz, Psychedelic Rock und Klassik. Während ihrer Tour durch Europa sind im April 2012 auch mehrere Konzerte in Deutschland angesagt, Leipzig hat das Glück, dass die Norweger im Conne Island Station machen. Das Album wird live vorgestellt, die Besetzung reduziert sich auf Motorpsycho mit Kenneth Kapstad (Drums), Hans Magnus Ryan (Guitar, Vocals) und Bent S%C3%A6ther (Bass, Vocals) sowie Stale Storlokken an den Keyboards. Zugange ist also die Kernbesetzung des Werkes und die Frage lautet, lässt sich ein dermaßen komplexes Werk eigentlich in sozusagen filetierter Form adäquat wiedergeben? Es geht.
Vom ersten Ton entwickelt sich eine atemberaubende Performance. Ständig wechselt die Stimmung zwischen leisen Passagen und gigantischen Klängen. Dabei fällt auf, dass die vier Musiker viel Wert darauf legen, weniger ihre solistischen Fähigkeiten in den Vordergrund zu stellen als einen komplexen Sound zu kreieren. Motorpsycho hat den Ruf, ihre Konzerte mit einem gewissen Touch von Unberechenbarkeit zu gestalten und obwohl der Ablauf durch die Titelfolge des Albums festgezurrt ist, bleiben sie diesem Ruf treu. Das drückt sich durch den variablen Einsatz verschiedener Stilmittel aus, der immer für Überraschungen gut ist und die Spannung das gesamte Konzert aufrecht erhält.
Dezent begleiteter Satzgesang kann blitzartig durch monumentale Steigerungen abgelöst werden. Da glaubt mancher Zuhörer, eine Steigerung ist nicht mehr möglich und wird doch eines Besseren belehrt. Nach dem letzten Ton der des beeindruckenden Klanggemäldes, auf dem die Geschichte eines jungen Mannes auf einer Seefahrt mit Untergang des Schiffes und der gewalttätigen Fortsetzung der Handlung auf einer Insel dargestellt ist, wird die Band im rappelvollen Saal frenetisch gefeiert. "All Is Loneliness" wird als erste Zugabe erzwungen. Im Gegensatz zu manchen anderen Fassungen wird dieses Stück hier in einer schier unendlichen Länge mit gelöster Handbremse zum Besten gegeben. Es wird gerockt, was das Zeug hält und das Publikum kann richtig abtanzen. Die Musiker haben sichtlich ihren Spaß und lassen sich danach zu einer zweiten und letzten, etwas kürzeren Zugabe nicht lange bitten.
Die Setlist: Out of The Woods; The Hollow Lands; Through The Veil; Doldrums; Into The Gyre; Flotsam; Oh, Proteus - A Prayer; Sculls In Limbo; La Lethe; Oh, Proteus -<br />A Lament; Sharks; Mutiny!; Into The Mystic; All Is Loneliness; o.T.
Text und Fotos Dieter Lange für radio-mensch